James Watt (1736-1819) gelang es, die Dampfmaschine zu einem leistungsfähigen und zuverlässigen Antrieb zu machen. Die Dampfmaschine wurde der Antriebsmotor der Industrialisierung. Überall entstanden kleinere Werkstätten und Maschinenbauanstalten, die Dampfmaschinen herstellten. Einer der Dampfpioniere“, Franz Josef Egells (1788-1854), stammte aus Rheine und baute 1819 im nahe gele-genen Kloster Gravenhorst die erste aus eigener Kraft geschaffene Dampfmaschine Westfalens. Große Maschinenfabriken, wie Sulzer in der Schweiz, boten bald eine breite Palette von Dampfmaschinen für eine vielfältige Nutzung an. Auch in der Textilindustrie wurde mit der Dampfmaschine die Voraussetzung geschaffen, die Herstel-lung von Textilien von der Heimweberei auf die fabrikmäßige Produktion umzustellen, wo dampfbetriebene mechanische Spinn- und Webmaschinen schnell und preiswert Stoffe und Garne herstellten.
1844 wurde in Rheine mit der Maschinenschlichterei von C. Kümpers & Timmerman im Coesfeld die erste Dampfmaschine in Betrieb genommen, 1847 folgte mit der „Baumwollen Spinnerei zu Rheine“ die erste dampfgetriebene Spinnerei Nordwestdeutschlands – Auftakt zu einer enormen Entwicklung, die dem kleinen Landstädtchen von einst in Folge 11 große Textilbetriebe (um 1910) und die Infrastruktur einer modernen Stadt verschaffte.
Das Antriebsprinzip war vom Mühlenbau abgeleitet, wobei zunächst über eine „starre“, große zentrale Königswelle, später dann mittels Seiltrieb, die von der Dampfmaschine erzeugte Antriebsenergie in alle Geschosse „transportiert“ wurde. Von der Seiltrommel der Dampfmaschine liefen dicke baumwollene Triebseile durch den Seilgang, die in allen Stockwerken die Transmissionswellen antrieben. Auf diesen Wellen saßen wiederum Transmissionsscheiben, von denen lederne Treibriemen auf die Triebscheiben der Maschinen liefen. In Webereien (Sheds) verlief der Antrieb über den Seilgang ebenerdig. Mit der enormen Leistungssteigerung der Dampfmaschinen nach der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von anfänglichen 25 PS auf 1.000, im Einzelfall gar auf 3.000 PS, konnte die Zahl der zu treibenden Maschinen beträchtlich erweitert werden.
Unsere Dampfmaschine
Liegende doppelt wirkende Einzylinder-Kolbendampfmaschine mit Ventilsteuerung Gebrüder Sulzer, Ludwigshafen a./Rhein Baujahr: 1922
Fabr.-Nr. 4753 ∙ Größe: 6,45 x 4,24 x 2,31 m ∙ Schwungraddurchmesser: 3,30 m ∙ Kolbendurchmesser: 555 mm ∙ Doppelwirkender Hub: 500 mm ∙ Gewicht: 18 Tonnen ∙ ca. 200-230 1/min, ca. 250 PS (in Betrieb) ∙ 25-30 Umdrehungen 1/min, ca. 2,2 PS (Demonstration) ∙ Leihgabe des Heimatverein Rheine e.V.
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